Marco Wölfli: Vatersein

22.05.2025 Betreuung & Schutz

Wir haben mit unserem Botschafter Marco Wölfli darüber gesprochen, was es bedeutet, Vater zu sein.

Was ist deine erste Assoziation mit dem Begriff «Vater» oder «Vatersein»?

Das ist für mich in erster Linie Vorbild sein für die eigenen Kinder, Verantwortung zu übernehmen und füreinander da zu sein. Was ganz wichtig ist und mich auch immer wieder inspiriert: Man kann auch von Kindern etwas lernen. Es ist die Kombination, Vertrauen und Liebe zu geben.

Welche Erinnerungen hast du an deinen eigenen Vater?

Sehr schöne Erinnerungen. Er war immer für mich da und hat früh meine Selbstständigkeit gefördert, zum Beispiel selten gesagt, was man wie zu machen hat. Das ging bis zu den Vertragsverhandlungen mit YB, bei denen er dabei sein wollte, aber nie reingeredet hat. Ich habe immer gespürt, dass er für mich da ist und mir vertraut.

Was hat dir dein Vater mitgegeben?

Dass das eigene Umfeld wichtig ist und dass es bei den Menschen, mit denen du dich umgibst, auf die Qualität ankommt, nicht auf die Menge. Neben der Familie schliesst das Kollegen und Freunde mit ein. Dass man seinen eigenen Weg geht und dabei Seriöses mit Spass verbindet.
Das hat er mir auch so vorgelebt, und das habe ich auch bei seiner Beerdigung nochmal so wahrgenommen. Wie viele Freunde und Kollegen dort warten und zu merken, was er ihnen mitgegeben hat und was ihnen bleibt, das war sehr bewegend zu sehen und hören.

Wann bist du selbst Vater geworden?

Als ich 30 Jahre alt war.

Was denkst du, wie dich deine eigene Vaterschaft verändert hat?

Im Wesen glaube ich nicht besonders gross. Ich habe schon immer gerne Verantwortung übernommen, bin gerne ein Vorbild, soweit es geht. Mir ist es sehr wichtig, meinen Kindern Werte zu vermitteln, und die haben sich seitdem nicht verändert. Ich habe mich automatisch mehr mit den Themen beschäftigt, die meine Kinder bewegen, seien es Hobbys oder ihre Ausbildung. Mir liegt bis heute viel daran, mir eine gewisse Kindlichkeit beizubehalten, denn in erfolgsorientierten Gesellschaften geht die Freude viel zu oft verloren. Kinder haben diese Freude noch ganz natürlich in sich. Und wenn man Kinder hat, will man die Freude nicht missen.

Was ist dir als Vater besonders wichtig?

Alle so zu behandeln, wie du selbst behandelt werden möchtest, immer basierend auf gegenseitigem Respekt. Wenn du deinem Umfeld ein gutes Gefühl gibst, geht es dir auch selbst besser. Und mir liegt sehr viel daran, demütig zu bleiben, egal wie erfolgreich man ist oder welchen Beruf man hat. Ich bin in einer oberflächlichen Welt unterwegs und will das Bodenständige behalten. Das will ich den Kindern mitgeben. Das bildet für mich auch die Basis von Freundschaften.

Was sind die grössten Herausforderungen, denen Väter heute gegenüberstehen?

Nun, als Kapitän hatte ich bereits im Fussball eine Vaterrolle eingenommen, das war sicher ein guter Lernprozess für mich. Jeder soll es so machen, wie es für einen stimmt, das ist sehr individuell. Verantwortung übernehmen und sich weiterentwickeln. Jedes Kind ist unterschiedlich und hat entsprechend auch andere Bedürfnisse. Man ist heute näher bei den Kindern und kriegt schneller etwas mit. Ohne Handy hatte man früher weniger Informationen als Eltern und Kinder machten mehr selbst aus. Heute ist man involvierter, was auch schön ist. Ich lasse meine Kinder ihren eigenen Weg gehen. Wenn sie etwas «falsch» machen, sollen sie Verantwortung übernehmen. Ich mische mich nicht ein, wenn zum Beispiel der Trainer sie nicht aufstellt.  

Wie hat sich die Rolle des Vaters im Laufe der Generationen verändert?

Man macht heute mehr mit den Kindern. Ich selbst hatte nie das Gefühl, zu wenig Zeit mit meinem Vater zu haben. Aber generell machen Väter heute mehr mit den Kindern und sind präsenter in deren Leben und Alltag.

Was denkst du, wie sich die Rolle des Vaters im Laufe des Älterwerdens der Kinder ändert?

Ich glaube, meine Kinder werden sich immer gerne mit mir unterhalten, ob das Probleme oder positive Dinge sind. Sie sollen wissen, dass ich da bin. Sie werden zwar selbstständiger, aber ich kann sie immer noch unterstützen.  Ich will ein Austauschpartner sein, auf den sie zählen können. Und das beruht auf Gegenseitigkeit, vielleicht bin ich auch mal froh um ihre Tipps.

Wie balancierst du die Anforderungen von Arbeit und Familie als Vater?

Ehrliche Kommunikation mit meiner Partnerin ist dafür unverzichtbar. Das schliesst eine gute Planung ein, was die eigenen Verpflichtungen und die Termine der Kinder angeht. Man muss einfach seinen Frieden damit schliessen, auch mal etwas abzusagen und Prioritäten zu setzen. Auf die Balance kommt es an, sodass es auch für alle stimmt. Ich möchte die Zeit mit meinen Kindern geniessen, denn irgendwann brauchen sie mich nicht mehr, beziehungsweise auf eine andere Art. Ich möchte bei Dingen dabei sein, die ihnen wichtig sind oder die ihnen Spass machen. Glücklicherweise bin ich flexibel mit meinen Arbeitszeiten und kann das entsprechend steuern.

Inhaltsverantwortlich:

David Becker

Wenn ich Content in Wort und Bild erarbeite, begeistert mich das grosse Ganze und berühren mich die feinen Details.

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