To the top button
Spenden

Spendenanlass

Anlass des Geschenks

Geburt

  • Geburt
  • Geburtstag
  • Andere

Ich spende

Spendenintervall

Monatlich

  • Monatlich
  • Vierteljährlich
  • Halbjährlich
  • Jährlich

Betrag

CHF

Bitte Betrag wählen oder eingeben

Herzlichen Dank, dass Sie mit Ihrer Spende die Programme der Stiftung SOS-Kinderdorf Schweiz unterstützen.

25.04.2024 Aktuelles Alle Weltweit «Hilfe zur Selbsthilfe ist ausgezeichnet»

  • Kategorien
  • Region

Dr. Barbara Steck ist Kinder- und Jugendpsychiaterin und -psychotherapeutin. Seit mehr als vierzig Jahren ist sie Unterstützerin von SOS-Kinderdorf Schweiz, unter anderem mit einer Patenschaft im äthiopischen Gode.

Wir sprechen mit ihr über unsere Arbeit und das für eine gute Kindheit so wichtige Thema Vertrauen.

Wie sind Sie erstmals auf SOS-Kinderdorf Schweiz aufmerksam geworden?

Vor allem durch meine Arbeit als Kinderpsychiaterin und auch durch meine Teilnahme in der Adoptionskommission des Kantons Waadt kam ich regelmässig mit vielen Kinder- und Jugendinstitutionen in Kontakt und habe das SOS-Kinderdorf Schweiz kennengelernt.

Welches Anliegen von SOS-Kinderdorf ist für Sie das Wichtigste? Und daran anschliessend: Was ist ihr eindrücklichstes Erlebnis in Zusammenhang mit unserer Organisation?

Mich begeistert ihr Angebot, jedem Kind ein liebevolles Zuhause zu vermitteln. Die Einrichtung von Ersatzfamilien in der Dorfgemeinschaft mit einer festen Bezugsperson, der SOS-Kinderdorf-Mutter, ermöglicht Kindern auch, ihre kulturellen, ethnischen, sprachlichen und religiösen Bindungen beizubehalten. Bestehende Familien zu stärken. ist eine zukunftsorientierte, auch für kommende Generation grossartige Unterstützung.

Durch meine Patenschaft erhalte ich regelmässig Briefe von Gode, die mich über die Ereignisse im Kinderdorf und dessen Umgebung informieren, was mich sehr freut. Meine zahlreichen Erfahrungen mit SOS-Mitarbeitenden waren immer sehr positiv.

Haben Sie einen Ratschlag für uns aus Sicht von Spendenden?

Das SOS Kinderdorf Magazin vermittelt wertvolle Informationen zu verschiedenen Themen. Die persönlichen Erzählungen von Kindern und Jugendlichen, die im Kinderdorf leben oder gelebt haben, beeindrucken mich sehr. Wesentlich scheint mir auch, dass die Grundlagen der alternativen Betreuung, der Familienstärkungsprogramme, sowie ihre vielseitigen Angebote wie z.B. die Vorbereitung auf das Erwachsenenleben immer wieder in Erinnerung gerufen werden. Der umfassende Ansatz Ihrer Stiftung ist überzeugend, und die Hilfe zur Selbsthilfe höchst bedeutungsvoll.

Was fällt Ihnen zuerst ein, wenn Sie an SOS-Kinderdorf denken?

Die beste Betreuungsvariante für Kinder, die nicht in ihrer Familie aufwachsen können.

Was bedeutet Familie für Sie?

Geborgenheit, Schutz, Verständnis und Unterstützung, aber auch ein Ort, der Auseinandersetzungen, Konflikt- und Problemlösungen erlaubt.

Rückblickend: Was war Ihr Berufswunsch als Kind?

Als Kind wollte ich Tierärztin werden. Während meines Medizinstudiums entschied ich, mich zur Kinder- und Jugendpsychiaterin und -psychotherapeutin auszubilden.

Wir haben noch einige Fragen zu unserem Schwerpunktthema «Vertrauen». Ab welchem Alter und in welcher Form entsteht Vertrauen bei Kindern?

Grundvertrauen entwickelt sich ab Geburt und im frühesten Kindesalter durch die kontinuierliche, verlässliche, liebevolle Zuwendung und emotionale Verfügbarkeit von Eltern oder Bezugspersonen. Einfühlungsvermögen in die Bedürfnisse und Nöte des Säuglings und Kleinkindes und adäquate Antworten der Betreuungspersonen spielen eine zentrale Rolle. Dieser Beziehungsprozess basiert auf zwischenmenschlicher Kommunikation, deren nonverbaler Ausdruck wie Blickkontakt, Tonalität der Stimme, Mimik, Gestik ebenso Beachtung verlangt.  

Welche Faktoren erschüttern das Vertrauen in der Kindheit?

Dazu gehören potenziell traumatisierende Faktoren wie Lieblosigkeit, Misshandlung, Vernachlässigung, Trennungen und Verluste, sowie das Miterleben von Gewalt und kulturelle Entwurzelung.

Zu den täglich sich wiederholenden Formen von Vernachlässigung zählt man neben der körperlichen (unzureichende Ernährung, Pflege, Kleidung, Hygiene) die emotionale Vernachlässigung wie Desinteresse, Ablehnung, emotionale Nicht-Verfügbarkeit der Bezugspersonen. Wenn Betreuungspersonen zwar physisch anwesend sind, aber immer wieder auf die Bedürfnisse eines Kindes nicht reagieren, kann sich ein Kind nicht wahr- und ernst genommen fühlen, was eine traumatisierende Erfahrung darstellt.

Gibt es auch ein Zuviel an Betreuung?

Ja. Selbstständiges Explorieren und Entdecken sind von grosser Bedeutung. Das Autonomiebedürfnis des Säuglings und Kleinkindes und sein zentraler Wunsch, als eigene Person wahrgenommen zu werden, sind zu respektieren. Temporäres Alleinsein – in der Gewissheit, dass die Bezugsperson da ist – erlaubt Kindern, im Spiel und Geschichtenerfinden ihre innere Welt aufzubauen. Das Erleben eigener Erfahrungen stärkt das Vertrauen des Kindes in sich und seine Umwelt.

Warum ist Vertrauen so wichtig für das gesunde Aufwachsen von Kindern?

Urvertrauen ermöglicht Vertrauen in sich selbst, in den eigenen Körper und in Menschen ausserhalb der eigenen Familie. Erst durch dieses Vertrauen entsteht eine Bindungssicherheit, die für den weiteren Lebensweg und die Beziehungen mit und zu anderen Menschen entscheidend ist. Kinder/Jugendliche mit unsicheren Bindungen können jedoch mit engagierten Betreuungspersonen neue Beziehungserfahrungen erlernen.

Welche Folgen hat kontinuierlicher Vertrauensverlust auf Kinder und Jugendliche?

Ein kontinuierlicher Vertrauensverlust entsteht meist infolge von traumatisierenden Erlebnissen, die je nach Alter, Entwicklungsstadium eines Kindes und Kontext unterschiedliche Folgen haben. Ereignisse können auch verdrängt werden und erst nachträglich, z.B. in der Pubertät, eine traumatische Auswirkung haben.

Kinder können psychosomatische Symptome (Ess- oder Schlafstörungen, Schmerzen, Enuresis) entwickeln, Entwicklungsverzögerungen und Beziehungsstörungen (große Bedürftigkeit, anklammerndes Verhalten) aufweisen, unter emotionalen Problemen (Aggressivität, Angst, Depressionen) oder unter Beeinträchtigungen von Aufmerksamkeit und Lernprozessen leiden. Die Bildung der Identität kann erschwert sein.

Nicht verarbeitete traumatische Erlebnisse der Eltern können durch unbewusste Kommunikationsformen auch auf eigene Kinder übertragen werden; diese nehmen die elterliche Verletzlichkeit und Hilflosigkeit wahr und versuchen, ihre Eltern zu unterstützen.

Was braucht es, um Vertrauen wiederherzustellen, wenn dieses in der Vergangenheit zu oft enttäuscht wurde?

Die Betreuungskontinuität ist besonders wichtig für Kinder mit traumatisch erlebten Ereignissen; sie benötigen verlässliche und emotional tragbare Beziehungen. Wenn destruktive Verhaltensweisen auftreten, die Kinder und Jugendliche oft als Schutzmechanismus entwickeln, ist es für Betreuungspersonen ausserordentlich belastend, diese zu ertragen und mit den Betroffenen zu verstehen. Die aggressiven Ge­fühle gegenüber den Menschen, die ihr Vertrauen verletzt haben, richten sich nun ge­gen Betreuungspersonen oder Therapeuten. Ein Kind/Jugendlicher muss erfahren können, dass trotz seiner Aggressivität die Bezugsperson weiterhin emotional engagiert und verfügbar bleibt, und sein negatives Verhalten weder zur Ablehnung noch zu einem Bindungsverlust führt. Langfristig kann allmählich eine Trauerarbeit über die erlittenen Verluste und eine psychische Verarbeitung der traumatischen Erlebnisse stattfinden. Wie lange dieser Prozess dauert, ist individuell unterschiedlich und hängt auch von der Schwere und Dauer der Traumatisierung ab.

Zur Person

Dr. Barbara Steck wohnt in der Nähe von Lausanne und hat sich während des Medizinstudiums für eine Spezialisierung im Bereich Kinder- und Familientherapie entschieden. Im Lauf ihrer Karriere hat sie verschiedene Bücher zu ihrem Fachbereich veröffentlicht und viele Jahre als Privatdozentin an der Universität Basel gelehrt. Seit mehr als vierzig Jahren ist sie ausserdem treue Unterstützerin von SOS-Kinderdorf Schweiz, unter anderem mit einer Patenschaft im äthiopischen Gode.

Inhaltsverantwortliche:

David Becker

Wenn ich Content in Wort und Bild erarbeite, begeistert mich das grosse Ganze und berühren mich die feinen Details.

Zur Person
zurück